Gut oder Böse?

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Warum ist ein Mensch eigentlich gut? Und warum ist er böse? Diese Fragen habe ich mir schon oft gestellt. Vor allem Grimms Märchen leben von dieser klaren Unterscheidung in Gut und Böse. Das hat seine Berechtigung, lernen unsere Kinder auf diese Weise beide Seiten kennen. Doch gibt es immer nur schwarz und weiß? Und stellt sich die vermeintlich „böse“ Tat nicht allzu oft als Hilfeschrei, Liebesbeweis oder Notwehr heraus? Warum also ist jemand „böse“? 
Genau diese Fragestellung wollte ich bei den Neuinterpretationen der Märchen betrachten und einfach mal differenzierter als bisher darstellen.

Hilfreich war mir an dieser Stelle eine wissenschaftliche Untersuchung, von der Prof. Dr. Gerald Hüther, ein bekannter deutscher Neurobiologe, in einen seiner Vorträge berichtete. Babys im Alter von einem halben Jahr wurden folgende Szenen gezeigt: Erste Szene, ein gelbes Männchen krabbelt mühsam einen Berg hinauf. Zweite Szene, das gelbe Männchen krabbelt den Berg hinauf, hinter ihm ein grünes Männchen, dass hilft, es schiebt das gelbe Männchen an. Dritte Szene, das gelbe Männchen krabbelt den Berg hoch und oben wartet ein blaues Männchen. Als das gelbe Männchen oben ist, schubst das blaue es wieder hinunter. Ende der Darbietung. Anschließend wurden den Babys jeweils das grüne und das blaue Männchen als Figuren vor die Nase gestellt. Was passierte? Alle Babys griffen nach dem grünen Männchen, dem Unterstützer – keines nach dem blauen. Der Versuch wurde x-mal wiederholt. Immer mit demselben Ergebnis.
Ein Jahr später wurde der Versuch mit denselben Babys erneut durchgeführt. Das Ergebnis: Von denselben 1-jährigen Babys griffen rund 10 – 20 % nach dem blauen Männchen. Hüther spricht hier von erlerntem Verhalten. Kein Mensch, so Hüther, komme als brutaler, rücksichtsloser Egozentriker zur Welt.

Spannend, wie ich finde!
Abgeleitet für meine Märchen bedeutet es, dass es einen Grund gibt, warum Hexe und Wolf böse sind. Und genau diese Ursachen will ich mit den Neuinterpretationen andeuten. Natürlich auf kindergerechte Art und Weise. Auch unsere Kinder dürfen lernen, warum jemand ist wie er ist und das es zwischen schwarz und weiß vielleicht auch noch bunt gibt.

So ist meine Hexe aus „Hänsel und Gretel“ eine mürrische, alte Frau, die vor lauter Einsamkeit garstig geworden war. Doch ob sie „böse“ bleibt und wie es Hänsel und Gretel ergeht, könnt ihr gern selbst nachlesen.
Und das der Wolf nun mal ein Tier ist und aus lauter Hunger das Rotkäppchen verspeisen möchte, ist auch ein schlüssiger Gedanke, wenn man ihn als solchen darstellt. Viel spannender ist jedoch, dass der Wolf das neugierige Mädchen überhaupt nicht zu Packen bekommt…Oder doch? Ach, lest es einfach selbst.

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